Mit großer Bestürzung haben wir vom zu frühen Tod unserer Kollegin und Dozentin Zeynep Erk Emeksiz erfahren. Sie hat den Fachbereich, insbesondere das Fach Türkisch, in den letzten Jahren mit ihrer wissenschaftlichen Persönlichkeit, ihrer Zugewandtheit und ihrem Engagement in vieler Hinsicht bereichert und war ein wichtiges Mitglied unseres Teams geworden. Dass sie so plötzlich aus dem Leben gerissen wurde, macht uns fassungslos.
Zeynep Erk Emeksiz schloss ihre Promotion (2004) und Habilitation (2014) im Fach Linguistik mit einer Spezialisierung in Turkologie an der Universität Eskişehir ab, wo sie bis 2017 tätig war. 2010-2011 hatte sie die Vetretungsprofessur für Turkistik an der Universität Duisburg-Essen inne. Der erste Kontakt zum Fachbereich entstand über Prof. Doris Prechel (Altorientalische Philologie, JGU), die Dr. Emeksiz von Turkologie-Kongressen kannte. Dr. Erk Emeksiz gehörte zu den Wissenschaftler:innen, die aufgrund ihrer Unterschrift unter dem Friedensapell an die türkische Regierung per Dekret entlassen wurden. Der Fachbereichsrat beriet über eine Antragstellung im Rahmen der Fellowship-Programme für gefährdete Wissenschaftler:innen der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Alexander von Humboldt-Stiftung und befürwortete sie. Prof. Rentzsch, der in der Zwischenzeit an die Mainzer Turkologie berufen wurde, kannte Dr. habil. Emeksiz gut und setzte sich ebenfalls dafür ein, sie an die JGU einzuladen. Zeynep Emeksiz konnte das Fellowship der Rosa-Luxemburg-Stiftung jedoch nicht antreten, da ihr Pass annulliert bzw. ihr Beamtenpass mit einem Ausreiseverbot versehen worden war. Die Ausstellung eines neuen Passes wurde ihr drei Jahre lang verwehrt, so dass das Stipendium, das eine Präsenz vor Ort vorsah, verfiel.
Die Arbeitslosigkeit und politische Repression, die auch ihren Ehemann betraf, hielt Zeynep Emeksiz nicht davon ab, weiterhin zu forschen und sich für die Freiheit von Forschung und Lehre einzusetzen. Ihre Resilienz und ihrer Entschiedenheit, gegen Unrecht anzukämpfen, waren beispielhaft. Sie war maßgeblich an der Gründung alternativer Akademien in der Türkei beteiligt, die dem freien Denken, Lehren und Forschen neuen Raum schaffen sollten und die der FBR vor einigen Jahren für den Gutenberg Lehrpreis nominiert hat. Die “Eskişehir Okulu“ (Eskişehir Schule), wo Zeynep Erk Emeksiz (ehrenamtlich) wirkte, gehört nach wie vor zu den aktivsten Alternativakademien in der Türkei. Eine Folgeeinrichtung, die Off-University, die über Online-Veranstaltungen diesen akademischen Raum international geöffnet hat, ermöglichte über die Kooperation mit der LMU München dann auch, dass Online-Lehrveranstaltungen angeboten werden konnten. Durch diese Veranstaltungen kamen auch die Türkisch-Studierenden in Germersheim mit Dr. Emeksiz in Kontakt.
Im Februar 2020 wurde das Ausreiseverbot aufgehoben und Dr. Erk Emeksiz konnte ein Pass ausgestellt werden. Die JGU stellte mit Initiative von Prof. Rentzsch und der Unterstützung des FTSK einen neuen Antrag bei der Philipp-Schwartz-Initiative der AvH-Stiftung, der ebenso bewilligt wurde. Am 1.9.2020 trat Dr. Emeksiz ihr Forschungsstipendium an der JGU an, wo sie an der Turkologie forschte und lehrte. Eine enge Zusammenarbeit zum FTSK und dem Fach Türkisch war immer gegeben. Sie hielt Vorträge, bot Workshops und Sprechstunden für FTSK-Studierende an und war an der Organisation weiterer Veranstaltungen beteiligt. Zum Ende ihres Forschungsaufenthalts bat der FBR sie um die Übernahme einer Vertetungsstelle im Fach Türkisch, wo sie an der Konzeption und Durchführung von Veranstaltungen im Bereich der Sprachlehre beteiligt war. Im Januar erhielt sie die erfreuliche Nachricht, dass sie den Prozess in der Türkei gewonnen und ihr Recht zurückerstritten hatte. Sie sollte also nach sieben Jahren wieder an ihrer Universität unterrichten können, außerdem würde sie sich auf die ihr längst zustehende Professorenstelle dort bewerben. Die Diagnose und der Krankheitsverlauf ließ ihr keine Zeit dafür.
Zeynep Erk Emeksiz war eine vielseitige Linguistin, die sich für interdisziplinäres Arbeiten begeisterte. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehörten Diskursanalyse, Linguistik und Literaturtheorie, Psychoanalyse und Sprache sowie Poststrukturalistische Linguistik. Sie war in einem interdisziplinären Arbeitskreis zur psychoanalytischen Filmkritik aktiv, an einem internationalen Projekt (geleitet von der Universität Mailand) zu Perzeptionsverben beteiligt und befand sich zusammen mit Dilek Dizdar in der Vorbereitungsphase eines Projektantrags zum Thema Translation und Metaphern, das am FTSK angesiedelt werden sollte.
In ihrer Mail vom 12.1.2024 an Dilek Dizdar bedankt sich Zeynep Erk Emeksiz für ihre Zeit am Fachbereich: “I would also like to take this opportunity to thank you and the other colleagues for providing me a peaceful working environment. It was a great pleasure to work with you all. I hope our collaboration will continue both in linguistic research and teaching Turkish as a foreign language.”
Wir trauern mit der Familie und den Freund:innen von Zeynep Erk Emeksiz. Wir sind dankbar für ihren Beitrag zum Fachbereich und für die persönlichen Begegnungen mit ihr. Sie wird uns immer in Erinnerung bleiben.
Dilek Dizdar für das Fach Türkisch und den Fachbereich im April 2024